Mitte September begann ein neuer Lebensabschnitt für Dominik, und auch für uns. Dominik geht jetzt in den Kindergarten, genauer gesagt in die Zweigstelle des Blindeninstituts Würzburg, in Elsenfeld.
Schon am ersten Tag konnte man sehen wie sehr es Dominik dort gefällt. Er ist total aufmerksam und lauscht ganz genau was passiert und wer da ist. Auch wenn die Krämpfe ihm manchmal einen Strich durch die Rechnung machen, freut er sich jeden Tag wenn er von seiner Krankenschwester Karin und dem Fahrer Felix abgeholt wird und mit dem Roten Kreuz Bus nach Elsenfeld gefahren wird. Busfahren macht so Spaß!!!
Im Kindergarten selbst gibt es so viel zu erleben und zu entdecken. Zum Beispiel hat Dominik neben seinen Therapien Schwimmen und Turnen, basales Theater, verschiedene Ausflüge und mitkochen kann er auch. Dank dem Power Link kann er den Mixer einschalten und hat so schon Apfelbrei gemacht und auch Tomatensoße für Pizza.
Am erstaunlichsten fand ich aber die Art wie die Kinder miteinander kommunizieren. In Dominiks Gruppe ist ein Junge der Ihm sehr ähnlich ist. Im ersten Moment fragt man sich ob die zwei überhaupt mitbekommen das sie zusammen auf einem Bett liegen. Aber mit der Zeit merkt man dass sie sich sehr wohl wahrnehmen. Ganz unmerklich haben sie sich angenähert und plötzlich haben sich ihre Händchen berührt und beide haben gelacht. Auch wenn es einem der beiden gerade nicht so gut geht, hat man das Gefühl sie stehen sich bei. Eine Kommunikation auf einer ganz anderen Ebene, die um das wesentliche geht, was wir als „gesunde Menschen“ schon lange verlernt haben.
Ende September haben wir ein neues Familienmitglied bekommen. Ein kleiner Havaneserwelpe Namens Lilli. Schon in den ersten Stunden merkte Lilli das Dominik nicht wie die anderen Familienmitglieder ist. Sie geht sehr vorsichtig mit ihm um, als könnte er kaputt gehen wenn sie zu stürmisch ist. Am liebsten liegt sie neben Dominik und hat ihren Kopf auf seinem Bauch.
Wie bei jedem Kindergartenkind blieb auch bei Dominik die kleineren und größeren Erkältungen nicht aus. Pünktlich zu den Herbstferien brachte Dominik eine Bronchitis mit nachhause. Es würde mal wieder rund um die Uhr inhaliert und nach 7 Tagen konnten wir das Sauerstoffgerät endlich wieder abstellen.
Nach einer Woche Kindergarten wurde Dominik wieder Krank. Er hatte starken Husten und Schnupfen. Er wurde wieder alle 3 Std inhaliert mit Atrovent und Salbutamol und anschließend abgeklopft aber es wurde einfach nicht besser. Die Anfälle wurden wieder mehr und er verschleimte zusätzlich. Nachdem er dann nach einer Woche fast 24 Std. Sauerstoff brauchte wurde ihm ein Antibiotika verschrieben. Daraufhin wurde es langsam besser.
Nachdem Dominik fast 2 ½ Wochen zuhause war, ging er wieder in den Kindergarten.
Mitte Dezember lernten wir Samuel mit seinen Eltern Yvonne und Christian kennen. Sie wurden auf dem Obernauer Kinderkleiderbasar durch einen Aushang auf Dominik und seine Geschichte aufmerksam. Sie haben Kontakt zu uns aufgenommen und haben Dominik eine Spende zukommen lassen. Davon bekommt Dominik eine Massagematte die er selbst mit seinem Power Link bedienen kann und neue Musik CD´s von seinem Lieblingssänger Jonathan Böttcher.
Etwa ein oder zwei Tage vor Weihnachten wurden seinen Anfälle ganz unmerklich mehr. Er war öfters unleidlich und weinte wieder vermehrt. Am 25.12. hatten wir seit langem mal wieder ein großen und starken Krampf mit allen Symptomen die man sich vorstellen kann. Neu daran war das es Dominik sehr anstrengte. Er war schweißnass und fix und fertig mit der Welt. Danach schlief er total erschöpft für Stunden ein.
In den nächsten 3 Tagen steigerten sich diese großen Anfälle von 10Min auf 35 Min. Am 28.12. krampfte Dominik ab 7 Uhr bis 9 Uhr fast durchgehend, trotz unserer maximal Gabe von Chloralhydrat und 5 mg Buccolam! Gegen 9 Uhr schlief er ein bis Nachmittags um 16 Uhr.
Nachdem er bis 17Uhr nochmal zwei starke Anfälle hatte entschlossen wir uns in die Klinik zu fahren. Mit unseren Medikamenten zuhause konnten wir ihm nicht mehr helfen. In der Notaufnahme bekam er das erste mal in seinem Leben Rivotril. Er beruhigte sich, und hörte für 4 Stunden auf zu krampfen. Es wurde Blut abgenommen zur Spiegelbestimmung von seinen Medikamenten. Wir vermuteten dass der Spiegel vom Phenytoin zu niedrig ist. Abends um halb 10 musste nochmal nachgespritzt werden. Danach schlief er endlich tief und fest ein.
Am nächsten Morgen um 10 Uhr bekam er nochmal Phenobarbital i.v., worauf er den Tag über schrecklich verschleimte. Er hatte kaum noch Anfälle und wenn ganz schwach. Die Nacht war schlimm für Dominik. Er wurde mehrmals abgesaugt inhaliert und Atemtherapie gemacht, damit er irgendwie den Schleim los wird. Am nächsten morgen war es besser aber noch nicht optimal. Er brauchte immer noch Sauerstoff.
Vormittags war Dominik sehr müde, konnte aber nicht zur Ruhe kommen. Viele kleine Anfälle hinderten ihn am einschlafen. Ich gab ihm Chloralhydrat um zu sehen ob unsere Medikamente wieder wirkten und tatsächlich, er konnte einschlafen. Nachdem ich das gesehen habe sagte ich dass wir nach hause möchten. Die Ärzte waren einverstanden. Die 3-4 Tage bis der Spiegel vom Phenytoin wieder stimmt, können wir auch zuhause beobachten.
Somit durften wir am 30.12. wieder heim und Dominik war richtig froh in seinem eigenen Bett zu liegen. Er atmete tief durch und schlief sofort ein, ohne Krampf und ohne Medikamente, einfach so. Es geht halt nichts über sein eigenes Bett!
Silvester und Neujahr verbrachte Dominik recht entspannt. Leider war die Besserung nur von kurzer Dauer. Nach etwa einer Woche krampfte er wieder mehr, wenn auch nicht mehr so strak. Ab Mitte Januar legte er noch mal einen drauf mit den Anfällen und am 11.Februar wurde er nochmals stationär in die Kinderklinik aufgenommen.
Dominik stand bis zu diesem Zeitpunkt seit 3 Wochen quasi unter Dauerstrom. Wir dachten er brütete eine Erkältung aus, weil er auch leicht verschnupft war. Aber es kam nichts. Er war ständig Krampfbereit, bekam tgl. bis zu 500mg Chloralhydrat über die PEG (manchmal auch bis zu 700mg, in einem Zeitraum von 12Std., anders war es leider nicht mehr möglich). Diazepam und Chloralhydrat Rektiolen kamen immer postwendend wieder raus. Bei der Gabe von Buccolam 5mg war Dominik mehrere Stunden auf Sauerstoff angewiesen (Sättigung zwischen 85 u. 90 mit 2 – 3L Sauerstoff), darum versuchten wir immer erst die Hälfte vom Buccolam zu verabreichen, aber meistens war die Wirkung dann zu gering und er krampfte weiter.
Die Krämpfe begannen meist immer leicht und kurz mit Grimassieren und steigerten sich bis zu 20Minütigen heftigen Anfällen wo er sein rechtes Bein fast bis zum Bauch anzog, sich verdrehte, ins Hohlkreuz kam, der Magen sich zusammen zog (wenn er vorher gegessen/getrunken hatte erbrach er), die Arme links und rechts wegstreckte, Gesicht komplett verzog und er schrie sehr laut. Nach den Anfällen weinte er immer jämmerlich. Früher hatte Dominik auch ein Nurofen Zäpfchen geholfen sich zu beruhigen, das klappte leider kaum noch. Die leichten Anfälle kamen in immer kürzeren Abständen und steigern sich. Man kann sagen dass Dominik durchschnittlich 2-3mal die Stunde krampfte.
Dadurch ist sein Allgemeinzustand wieder schlechter geworden. Durch die Anfälle und Medikamente war er sehr schlaff, müde und blass.
Hinzu kam das er in den letzten 3 Wochen 2x in Notfallsituationen gekommen ist, weil er von einer Sekunde auf die andere 40°C Fieber bekam und wir ihn kaum aus dem Krampf holen konnten. Er hatte dabei erbrochen die Sättigung rutscht runter bis teils auf 80 und die Herzfrequenz stieg auf bis zu 220. Er generalisierte so stark, dass Wadenwickel erst dann helfen konnten, als das Fieber durch Nurofen und Paracetamol etwas gesunken ist. Dieser Zustand, vom Beginn des Fiebers, bis er sich wieder beruhigte und total erschöpft einschlief, dauerte ziemlich genau 2 – 2,5 Std.
In der Klinik wurde erstmal wieder der Medikamentenspiegel untersucht und weil Phenytoin schon wieder sehr niedrig war, wurde es nochmals erhöht. Auch das Vigabatrin wurde seinem Gewicht angepasst. Nach einem Tag merkte man schon eine leichte Besserung. Aus dem Grund entschlossen wir uns erstmal abzuwarten bis der Siegel auf dem gewünschten wert ist. Wenn die Anfälle besser werden ist es gut, falls nicht würden neue Medikamente ausprobiert.
Auch am nächsten Tag merkte man eine erneute Besserung seines Zustandes und wir entschlossen uns, am Freitag wieder nachhause zu gehen. Zuhause konnten wir ihn schließlich auch gut beobachten ob es besser wird und Dominik konnte wieder in seinem Bett schlafen.
Nachdem das Wochenende gut verlief, wurde in der darauffolgende Woche nur nochmals der Spiegel kontrolliert. Alls paletti !
Auch sein neues Spielzeug kam endlich an. Sein Topper den er total spannend findet. Alles rasselt, knistert und fühlt sich toll an.
Ende März fuhren wir in Urlaub und Dominik blieb zuhause. In dieser Woche hielt er seine Schwestern wieder gut auf trapp. Es sah so aus als hätte er eine dicke Erkältung. Die Nase lief und er war sehr verschleimt, so dass wieder ordentlich inhaliert werden musste. Vom husten hielt Dominik in der Woche auch nicht so viel und somit musste des Öfteren abgesaugt werden. Er machte aber nicht den typischen Eindruck von einer Erkältung weil er sichtlich fit war und es viel auf, das es ihm besonders schwer viel zu schnaufen und den schleim los zu werden, wenn er nachmittags durch die Wälder und Wiesen spazieren gegangen ist. Der Verdacht einer Allergie kam auf…
Im April hatte Dominik ein Zahnarzttermin. Dort wurde ein Teil seines Zahnfleisches weggeschnitten, weil es über seine Zähne wucherte und er es sich ständig bei den Anfällen aufbiss und sich die Wucherung entzündete.
Ebenfalls im April schnappte er eine ordentliche Erkältung auf. Die die halben Osterferien verbrachte er mit Husten, Schnupfen, Halsschmerzen und Fieber im Bett. Und weil das ja nicht langt, entzündete sich seine PEG-Sonde und er hatte auch wieder Blut im Magen. Er hustete wieder nicht ab und wir beteten dass es keine Lungenentzündung wird. Er brauchte bis in den Mai hinein um gesund zu werden. Aber nach drei Wochen hat er es geschafft und er konnte wieder in den Kindergarten.
Mitte Mai bekamen wir drei neue Schwestern für unser Team. Gleichzeitig gingen zwei unserer „alten“ Schwestern, die Dominik von Anfang an bekleideten, in Urlaub. In dieser Zeit geschah etwas merkwürdiges. Jedes Mal wenn eine der neuen Schwestern ihn fütterte, erbrach er sein ganzes essen im Anschluss schwallartig. Aber nicht im Kindergarten, nicht bei den anderen Schwestern und auch nicht bei mir. Wir gehen davon aus das es Dominiks Art war uns zu zeigen, dass er es überhaupt nicht toll findet, wenn er auf einmal so viele neue Bezugspersonen bekommt und gleichzeitig seine vertrauten Schwestern fehlen. Als nach über einer Woche Judith wieder zum Nachtdienst kam, kriegte Dominik sich nicht mehr ein vor Freude. Er lag schon in seinem Bett und war am Einschlafen als er ihre Stimme hörte. Sofort gingen die Augen weit auf und er begann mit Armen und Beinen zu zucken. Ich glaube wenn er aufstehen könnte wäre er zu ihr gelaufen. Als sie Dominik nicht sofort raus nahm begann er das Krampfen und beruhigte sich erst wieder als Judith ihn auf den Schoß nahm und knuddelte. Da soll nochmal jemand sagen das Kinder und Erwachsene, die nicht sprechen oder sich bewegen können, keine Möglichkeit haben ihren Ärger und ihre Freude zum Ausdruck bringen zu können!
Ende Mai bekam Dominik seine neuen Orthesen und Anfang Juni musste er mal wieder in die Klinik. Nachdem das Magenbluten immer häufiger auftrat und jetzt auch frisches Blut mit dabei war, entschlossen wir uns für eine Magenspiegelung. Und es war genau die richtige Entscheidung! Abgesehen davon das Dominik einen Reflux hat, was wir ja schon wussten, entdeckten die Ärzte einen 2 cm großen Polyphen am PEG-Sonden Ausgang. Bei jeder Mobilisierung wurde er gereizt und verursachte Schmerzen und das Magenbluten. Nachdem er entfernt wurde sah man Dominik die Erleichterung richtig an. Hätten wir nur nicht so viel Angst vor der Vollnarkose und ihren Folgen gehabt und die Spiegelung früher machen lassen… da hätten wir Dominik gewiss einiges an Schmerzen erspart.
Am 2.August kam Dominiks und Noahs Schwester Anna auf die Welt. In den letzten 4 Wochen der Schwangerschaft und den ersten 4 Lebenswochen von Anna hatten wir den Pflegedienst 24 Stunden bekommen. Auf der einen Seite war es eine wahnsinnige Erleichterung, ohne die das gar nicht funktioniert hätte, auf der anderen Seite aber auch sehr gewöhnungsbedürftig, rund um die Uhr „fremde“ Leute im Haus zu haben. Und auch für Dominik war es seltsam. Er kannte es zwar von der Zeit in der wir in Urlaub waren, aber jetzt waren wir weiterhin da. Man merkte es ihm an, dass er es nicht ganz verstand und er lachte jedes Mal wenn wir ihn abends mit auf die Couch nahmen und kuschelten, als ob er dachte „Gott sei Dank, sie haben mich doch noch lieb“
Auch an Anna musste er sich erst gewöhnen. Die Anfangszeit war er richtig genervt von ihr und Krampfte jedes Mal wenn Anna schreite. Aber das legte sich binnen weniger Tage und mittlerweile juckt es ihn nicht mal mehr wenn sie in seinem Bett liegt und Radau macht.
Am 27. August wurde unser Schatz schon 4 Jahre alt. Dominik ging es an dem Tag recht gut, so dass er auch für etwa eine Stunde mit an der Geburtstagstafel sitzen konnte und die Sahne vom Kuchen naschen konnte. Auf ein neues wunderschönes und spannendes Jahr mit dir, mein Engel. Wir lieben Dich sehr!!!