Dominik
Dominik

Dominik wurde nach einer unkomplizierten Schwangerschaft am 27. August 2010 geboren. Bereits wenige Stunden nach der Geburt entdeckte ich ein merkwürdiges Zittern seiner Augen, was ich nicht deuten konnte. Heute weiß ich, dass es ein Nystagmus war.

Nachdem es nicht mehr vorgekommen ist und sonst alles in Ordnung war, ist Dominik als gesundes Neugeborenes entlassen worden. Zuhause merkte ich, wie dieses Zittern immer häufiger und auch länger wurde. Nach etwa 5 Tagen begann Dominiks linker Arm rhythmisch zu zucken und die Augen zitterten dabei. Erst für ein paar Sekunden, kaum wahrnehmbar, aber mit jedem Tag wurde das Zucken länger und deutlicher. Bald waren es beide Arme und Beine und auch der Kopf zuckte.

Nach ziemlich genau 20 Tagen sind wir deswegen zu unserem Kinderarzt. Wir beschrieben die Anfälle die Dominik zeigte und er überwies uns sofort in die Kinderklinik mit Verdacht auf BNS-Epilepsie. Das war am 16. September 2010. Schon in der Aufnahme zeigte Dominik zwei seiner Anfälle. Er bekam eine Einmalgabe von Vitamin B6, was aber keinen Erfolg zeigte, sodass Vitamin-B6-Mangel ausgeschlossen werden konnte. Nach einem erneuten Anfall bekam er Phenobarbital intravenös, was die Anfälle auch nicht stoppte. Das EEG war merkwürdigerweise ohne Auffälligkeiten.

Am nächsten Tag wurde mit der Einstellung auf Valproat angefangen. Schon nach der ersten Gabe hatte Dominik keine Anfälle mehr!

Wir bekamen noch einen Termin Ende November 2010 in der neuropädiatrischen Sprechstunde.

Am 23. September 2010 wurden wir entlassen, als glückliche Eltern mit einem Kind, das gerade noch einmal die Kurve gekriegt hat…

17.10.10

 

Das Glück dauerte nur leider nicht besonders lange an. Am 20. Oktober 2010 wurde Dominik wieder eingewiesen. Zwei Tage zuvor begann seine Hand zu zittern als hätte er Parkinson und sein Blick wurde wieder so starr. Die Anfälle nahmen an Häufigkeit und Intensität rasch zu, bis er wieder das alte Bild zeigte. Seine Valproat-Dosis wurde erhöht und die Anfälle waren wieder weg.

 

Am 22. Oktober 2010 wurden wir wieder entlassen. Aber diesmal waren wir nicht glücklich. Sowohl mein Mann als auch ich hatten dunkle Vorahnungen, dass das alles nicht so schnell vorbei ist…

 

6.11.10

 

Dass unsere Vorahnungen so schnell bestätigt werden würden, konnten wir nicht ahnen.

Am 4. November 2010 waren wir erneut in der Klinik und sollten diese erst wieder Ende Januar 2011 verlassen.

Wenn ich an die Zeit denke, fallen mir als erstes die Bäume vor der Klinik ein. Als das alles anfing war ein schöner warmer Spätsommer, dann verfärbten sich die Blätter, fielen vom Baum und als wir entlassen wurden lag Schnee.

Dominik zeigte immer mehr BNS (Blitz-Nick-Salaam) ähnliche Anfälle. Das EEG zeigte mittlerweile auch, dass etwas nicht stimmte. Die verschiedensten Untersuchungen wurden gemacht. Hirnwasseruntersuchung, Chromosomenanalyse, infektiologische Untersuchungen, Augenuntersuchungen, Sonographie von Schädel, Nieren und Abdomen. Echokardiographie und Stoffwechseldiagnostik, MRT und Röntgen. Auch wenn EEG und MRT auffällig waren, konnte sich niemand erklären, warum keines der Medikamente richtig wirkte. Und ich glaube, Dominik bekam sie im Laufe der Zeit fast alle.

Nach einem kleinen Erfolg Ende November 2010 entschlossen wir uns, natürlich in Absprache mit den behandelnden Ärzten, Luminal auszuschleichen, weil Dominik darunter sehr schlaff und müde wurde. Leider kamen die Anfälle zurück und trotz erneuter Aufdosierung von Luminal blieben sie.

6.1.2011

 

Somit wurde am 6. Dezember 2010 ein weiterer Versuch mit Decortin H gestartet. Nach 7 Tagen unter der Cortison-Therapie kam es zu keiner Besserung und somit wurde die Dosis noch einmal erhöht. Außer, dass Dominik total aufgeschwemmt war, hat es nichts bewirkt. Am 2. Januar 2011 wurde mit dem Ausschleichen von Cortison und Keppra begonnen. Gleichzeitig wurde Luminal erhöht, obwohl es ihn deutlich schlaffer werden lies, aber die Anfälle wurden daraufhin schwächer.

 

Nachdem also kein Medikament wirklich wirkte, entschlossen wir uns für die ketogene Diät. Am 7. Januar 2011 begann die Ernährung mit Ketocal infant 3:1. Dadurch wurden die Krämpfe schwächer. Zudem wirkte Dominik sowohl wacher als auch agiler und sein Nachtschlaf wurde ruhiger.

 

In der Klinik wurde die U4 gemacht. Was soll ich sagen? Wäre es eine Prüfung gewesen, wäre Dominik durchgefallen. Er zeigte eine ausgeprägte psychomotorische Entwicklungsstörung. Dominik fixierte nicht und zeigte keine Augenfolgebewegung. Er war sehr schlaff und hatte keine Kopfkontrolle. Gelegentlich quietschte Dominik, aber eine Kontaktaufnahme war nicht möglich. Das hat sich zum Glück etwas geändert. Wenn er gut gelaunt ist lächelt Dominik, wenn man ihn anspricht. Allerdings schaut er uns bis heute nicht richtig an.

 

Wir wurden am 21. Januar 2011 mit einem weiterhin krampfenden Kind und dem unguten Gefühl, dass - trotz aller Bemühungen - Dominik niemand helfen kann, entlassen.

Am 23. Januar 2011 wurden wir in Vogtareuth stationär aufgenommen. Das hochauflösende MRT, welches gemacht wurde, brachte leider auch keine genaueren Ergebnisse. Dies lag an der Unreife des Gehirns. Somit bekamen wir keine weiteren Erkenntnisse außer, dass mit seinem Gehirn etwas nicht in Ordnung ist. Was allerdings helfen könnte, konnte uns niemand sagen.

 

Am 7. Februar 2011 waren wir erneut in der Kinderklinik zur Verlaufskontrolle und zur Erhöhung der Dosis von Vigabatrin unter stationären Bedingungen. Am 11. Februar 2011 durften wir die Klinik wieder verlassen.

Am 23. Februar 2011 hatten wir einen Termin in der neuropädiatrischen Sprechstunde. Seine Diagnose hieß mittlerweile therapieresistente BNS-Epilepsie, schwerste globale Entwicklungsstörung und generalisierte Muskelhypotonie.

Die Anfälle haben sich kaum geändert, pro Tag hat Dominik etwa 10-15 Anfälle, welche sich sowohl in der Länge als auch in der Intensität unterscheiden. Die kurzen Anfällen sind mit heftigem Weinen begleitet.

Das EEG zeigt weiterhin eine Hypsarrhythmie. Nachdem auch die Erhöhung von Vigabatrin nichts erreicht hat, wird zusätzlich ein weiteres Medikament getestet, nämlich Zonisamid. Da die Ketogene Diät leider auch nicht den gewünschten Erfolg erzielt hat, wurde diese jetzt auch über 2 Wochen ausgeschlichen. Nun kann Dominik wenigstens wieder leckere Sachen essen.

Nun war Dominik richtig zu Hause. Die Krankenhausaufenthalte lagen erst einmal hinter uns und somit begann eine neue Herausforderung, nämlich unser Familienleben.

19.4.11

Nachdem Dominik seine ersten 5 Monate - bis auf wenige Wochen - im Krankenhaus verbracht hatte und mein Mann und ich im Wechsel immer bei ihm waren, mussten wir erst wieder richtig zusammenwachsen und mit der neuen Situation zurechtkommen. Auch Noah hat in dieser Zeit sehr viel zurückstecken müssen, da er den Martinsumzug, den Nikolausabend und auch Weihnachten lediglich mit einem Elternteil verbringen konnte.

Im Krankenhaus mussten wir uns ausschließlich um Dominiks Belange kümmern. Als der Krankenhausaufenthalt jedoch beendet war, erwartete uns zu Hause nicht nur ein neues Familienleben, sondern auch die alltäglichen Aufgaben im Haushalt.

Besonders Noah, sein großer Bruder, hat sehr gelitten. Ein großer Bruder zu sein hat er sich anders vorgestellt. Erst war die Familie 5 Monate getrennt und jetzt hatte auch keiner richtig Zeit für ihn. Da Dominik immer noch so viele Anfälle hatte, dabei schrie und teilweise erbrach, konnte man ihn nie alleine lassen, was sich bis heute nicht geändert hat. Dies bedeutet auch, dass man alles stehen und liegen lassen muss, wenn man sich mit Noah beschäftigt und Dominik währenddessen einen Anfall bekommt.

Auch die Anfälle selbst empfand Noah als bedrohlich und erschreckend. Nur wie sollten wir das Noah mit seinen damals 3 Jahren erklären, wenn wir doch selbst für uns keine Antwort fanden??? Nicht nur diese Frage stellte sich als Problem dar. Während Dominiks Cortisons-Therapie durfte Noah seinen Bruder - aufgrund der Ansteckungsgefahr - nicht besuchen. Dies einem so kleinen Jungen verständlich zu machen, war für uns Eltern eine schwierige Aufgabe.

Diese Belastung nie abschalten zu können, immer bereit zu sein, jedem gerecht zu werden, die eigene psychische Situation und das mit maximal 5-6 Std. Schlaf, 7 Tage die Woche macht auf Dauer krank.

Ab März 2011 kam unsere erste große Hilfe, unsere Wichtel! Dominik wurden 30 Std Intensivpflege durch den häuslichen Intensivpflegedienst Wichtelteam bewilligt. Somit konnten wir wenigstens drei Nächte die Woche schlafen, ohne ständig in Alarmbereitschaft zu sein, da wir Dominik in guten Händen wussten.

Auch Kordula Ulbricht - von Intensivkinder e.v. - hat uns sehr geholfen. Sie hat uns geholfen, den Schwerbehindertenausweis und die Pflegestufe zu beantragen. Sachen, an die wir nie gedacht hätten und auch nicht gewusst hätten, wie man sie angeht.

Ebenfalls im März begann Dominiks Frühförderung Sehen vom Blindeninstitut Untermain. Einmal in der Woche kam Frau Stenger zu uns und zeigte Dominik die spannendsten Sachen zum Fühlen, Hören und Wahrnehmen. Durch Frau Stenger hat er verstanden, dass er auch Dinge bewirken kann, beispielsweise kann er mit seinem Umfeldsteuerungsgerät „Power-Link“ seine Musik alleine anschalten. Er patscht mit seiner Hand solange bis er den Taster findet, läuft die Musik lächelt er und hört zu. Er hat auch gelernt, das Massagegerät anzuschalten und auf der Resonanzplatte Geräusche zu erzeugen, indem er Gegenstände anschubst, wenn sie sich in seinem Greifraum befinden.

Am 27. August 2011 feierte Dominik seinen 1. Geburtstag. Wir sind unheimlich froh und dankbar, dass wir alle - Dominik selbst und die ganze Familie - sein erstes Jahr mit all den Leiden, Tränen und Wut aber auch mit dem Lachen, den neuen Freunden und den glücklichen Momenten überstanden haben.

Aktuelles

In Erinnerung an unseren Engel

geboren: 27.8.2010

gestorben: 25.4.2015,   23:13 Uhr

Für eure Anteilnahme Herzlichen Dank

Erinnerungs-video an Dominik von Tante Sylvia
2010 - 2014.mp4
MP3-Audiodatei [27.3 MB]
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© Peter S.